Jens Dell’Anna

Jens Dell’Anna

Director Consulting

Die Qualität einer Entscheidung und die damit verbundene Antizipation der eintretenden Folgen sind im größten Maße vom Informationsumfang zum Entscheidungszeitpunkt geprägt. Eine große Datenbasis von aktuellen, aufbereiteten und kumulierten Informationen ermöglicht es, Entscheidungen, gerade im militärischen Umfeld verlässlich zu treffen. Wie in einem früheren Blog-Beitrag von Clausewitz zitiert, stellt der Fog of War den Umstand dar, dass entscheidungswichtige Umstände aufgrund fehlender oder unvollständiger Informationen mit einer gewissen Unsicherheit begleitet werden. Im wörtlichen Sinn gab es bereits im ersten Weltkrieg diesen „Nebel“, der beispielsweise dazu führte, dass die Seeschlacht bei Helgoland (1914) zwischen den deutschen und britischen Seestreitkräften in einem chaotischen Durcheinander endete. Damals wie heute führen schlechte Sicht, fehlende Orientierung oder unvollständige Informationen zu einem sehr unklaren Lagebild. 

Operation verbundener Kräfte auch im Informationsraum  

Die Sicherstellung der Informationsqualität und letztendlich damit auch die Sicherstellung der Informationsüberlegenheit ist die wichtigste Stellschraube, um ein transparentes Bild des Operationsraumes zu erhalten. Nachrichtengewinnung und Aufklärung (NGuA) stellten hierbei die wichtigsten Inputfaktoren dar. Hierbei wird das Lagebild mit Hilfe von land-, luft- und seegestützten Sensoren aufgebaut und verdichtet. Neben Radaraufklärung und Satellitenbildern, gibt es auch meteorologische, thermische und akustische Sensoren, die hierbei einen erheblichen Beitrag liefern. 

Im klassischen Verständnis von Gefechtsverbänden sind nicht nur die Wirkmittel im Verbund zu verstehen, sondern auch die Aggregation von Informationen und Datenbeständen. Das Prinzip der Operation verbundener Kräfte (combined arms) dient dazu, den Gefechtswert durch Kombination und Ergänzung von unterschiedlichen Teilstreitkräften und Waffensystemen zu maximieren, um damit eine Wirkungsüberlegenheit gegenüber dem Feind zu erreichen. Adaptiv ist dieses operativ-taktische Konzept auch auf die Überlegenheit im Informationsraum zu übertragen. Ziel ist es hier, auf Grundlage einer vernetzten Informations- und Datenstruktur, die Informationsüberlegenheit im Operationsgebiet zu erhalten. Gerade auch bei der Betrachtung von verlegbaren Dienststellen, wie beispielsweise seegehenden Einheiten, ist die Verfügbarkeit von Informationen und damit die Ausgangslage für eine Informationsüberlegenheit, der sensitivste Parameter. Datenübertragungen über weite Strecken, witterungsbedingte Interferenzen bei gleichzeitigem Schutz vor feindlicher Aufklärung und Kompromittierung durch den Kontrahenten, stellen nur einen Auszug aus dem Risikoportfolio der vernetzten Informationsstruktur auf See dar. 

Kollektive Information in der NATO 

In der heutigen Zeit der nord- und transatlantischen Partnerschaften und der damit verbundenen Informationslandschaft ist es fatal, sich nur auf die eigene beziehungsweise nationale Informationsgewinnung und -auswertung zu stützen. Gerade im maritimen Gefechtsfeld sind Kooperationen und Partnerschaften im Sinne von „Joined and Combined“ ein wichtiges Mittel in militärischen Auseinandersetzungen. Die operative Interoperabilität und technologische Synchronität verschiedener Seekräfte ermöglichen die essentielle Vorherrschaft im Informationsraum und bilden damit die Basis einer vernetzten Informationsstruktur. Dieser vernetzte Ansatz ermöglicht damit auch eine Zusammenarbeit verschiedenster Akteure aus dem industriellen und NGO Bereich.  

Schon früh wurde die Notwendigkeit eines gemeinsamen See-Lagebildes erkannt und den Mitgliedern des Nordatlantikvertrages mit Hilfe von MCCIS (Maritime Command and Control Information System) ein probates Mittel an die Seite gestellt. Heutzutage liefert die MCCIS Produktfamilie einen wichtigen Beitrag zum Situationsbewusstsein und zur Darstellung eines informationsreichen Lagebildes auf See. Neben dem RMP (Recognized Maritime Picture) stellt das COP (Common Operational Picture) die Grundlage der Informationen für militärische Entscheidungen dar. 

„Train as you fight“ 

Ein gemeinsames Lagebild und das Verständnis über Kräfte und Mittel im Operationsraum sind nicht nur in einem Einsatz als finale Parameter gesetzt, sondern auch im Training und in Übungen auf See. Nur durch die Möglichkeit, mit nahezu Livedaten und realistischen Szenarien zu üben, gelingt es, im Einsatz und im Ernstfall adäquat zu agieren. Getreu des Mottos „train as you fight“ ist es wichtig, die Funktionen und Möglichkeiten einer vernetzten Informationsstruktur zu kennen und anwenden zu können. Hier ist es oftmals den individuellen (nationalen) Restriktionen oder Abgrenzungen zu mandatierten Einsätzen geschuldet, dass sich ein kollektiver und kooperativer Informationsaustausch schwierig gestaltet. Unterschiedliche Sicherheitsdomänen und teilweise technische Divergenzen sind, neben nachrichtdienstlichen Rahmenbedingungen, oftmals die Stellschrauben für einen dialogischen und informatorisch-vernetzten Erfolg. 

Erfahrung aus 45 Jahren Verteidigungsindustrie 

Im Kern bleibt aber der Konsens bestehen, dass nur durch eine gemeinsame, interoperable und aggregierte Informationsbasis ein militärischer Einsatz erfolgreich geführt werden kann. Genau hier setzen wir als herstellerneutraler Experte an. Die adaptive Implementierung und Unterstützung von Informationssystemen für militärische Einheiten, wohlgleich zu See oder zu Land sind Fachgebiete unserer Leistungen innerhalb des Defence & Intelligence Teams von CGI. Die Verarbeitung und Speicherung von Daten mit erhöhtem Sicherheitsniveau, die Bereitstellung von Core Enterprise und COI-Enabling Services oder auch die Konzeptionierung von vernetzter Informationsarchitektur (nach der C3 Taxonomie*) sind unsere Expertenfelder. So stellen wir derzeit das Information Knowledge Management Tool (IKM) und weitere missions-kritische Systeme in verschiedenen NATO Einsätzen  bereit. Wir beraten und unterstützen mit unseren Erfahrungen und Lösungen aus 45 Jahren Verteidigungsindustrie und sorgen für ausreichend Wasser unter dem Kiel, gerade auch im Thema Cyberdefense in der Marine. Wir leisten damit einen wesentlichen Beitrag, um den militärischen Akteuren in Missionen und auf Übungen eine relevante und sichere Basis für Befehle und Entscheidungen bereit zu stellen. 

*Consultation, Command and Control of NATO´s capabilities 

Über diesen Autor

Jens Dell’Anna

Jens Dell’Anna

Director Consulting

Mit seiner langjährigen militärischen Erfahrung entwirft Jens Dell‘Anna ein ganzheitliches Portfolio für die Streitkräfte und unterstreicht damit die enge Zusammenarbeit zwischen CGI und den Behörden mit Sicherheitsaufgaben. Sein Ansatz ist hierbei die Abkehr vom klassischen Single-Vendor Ansatz hin zum Multi-Provider für Übungen und Einsätze im ...