Torben Böing

Torben Böing

Lead Consultant

In Social Media verbreiten sich Meldungen mittlerweile so rasend schnell, dass von einer „Revolution der Informationsverbreitung“ die Rede ist. Allerdings gibt es durchaus Unterschiede: Laut einer 2017 im Science-Magazin veröffentlichten Studie des MIT sind Unwahrheiten schneller und weiter unterwegs als wahre Nachrichten. Diese brauchen durchschnittlich sechs Mal so lange, um 1.500 Personen zu erreichen. Die Forschung in diesem Bereich steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Insbesondere mangelt es an Modellen und Systemen, um Faktoren zu identifizieren, die die Geschwindigkeit und Beschleunigung von Social-Media-Nachrichten beeinflussen. CGI hat die Entwicklung eines solchen Messsystems ermöglicht. Damit kann eine große Anzahl an Posts analysiert und verschiedene Social-Media-Kanäle verglichen werden. Die Ergebnisse lassen Voraussagen zur Verbreitung einzelner Inhalte zu. Die dafür im Rahmen einer Kooperation mit dem DAS Institut entwickelten Hypothesen müssen noch durch weitere Forschungsprojekte überprüft werden. Dennoch steht Unternehmen damit bereits jetzt ein Framework zur Verfügung, mit dem sie ihre Social-Media-Aktivitäten strategisch ausrichten können.

Social Media lässt sich bislang schwer steuern

Neben der reinen Verbreitung von Nachrichten bietet Social Media die Möglichkeit, zu kommentieren und zu bewerten. So entstehen Meinungsbilder, die bislang schwer zu steuern sind und das Potenzial haben, plötzliche und unerwartete Reaktionen auszulösen. Social-Media-Marketing nutzt diesen Mechanismus bereits, um unter anderem

  • virale Marketingeffekte zu erzeugen,
  • Communitys mit Kunden aufzubauen und so den Support zu verbessern oder für
  • Social Recruiting.

Diese viralen Effekte sind durch den Urheber bislang weder zu steuern noch zu kontrollieren. Sie können dazu führen, dass sich Nachrichten lawinenartig ausbreiten. Die Faktoren, die das beeinflussen, sind bislang kaum bekannt. Das ist insbesondere dann kritisch, wenn sich der Wahrheitsgehalt nicht mehr überprüfen oder hinterfragen lässt. Falschmeldungen, wie sogenannte „Fake News“ oder „Shitstorms“, sind die Folge und gehören mittlerweile zu unserer Gesellschaft und Medienlandschaft.

Für Unternehmen ist vor diesem Hintergrund vor allem der Zusammenhang zwischen Verbreitungsgeschwindigkeit und externen Einflüssen (wie beispielsweise Umwelt, Ort, Uhrzeit) sowie internen Faktoren (wie zum Beispiel Urheber, Nachrichteninhalt, Nachrichtenstruktur, Reichweite) interessant.

Messsystem erfolgreich konzipiert, umgesetzt und getestet

Ein Messsystem, um diese Zusammenhänge zu messen, wurde im Rahmen der Zusammenarbeit konzipiert, umgesetzt und erfolgreich getestet. Als Grundlage wurden erstmalig Definitionen für die Verbreitungsgeschwindigkeit und die Beschleunigung von Social-Media-Nachrichten entwickelt. Aufgrund der hohen Aktualität und großen Nutzerbasis zunächst ausschließlich für Twitter implementiert, lässt sich das System auf andere Social-Media-Kanäle übertragen und inhaltlich um beliebig viele Faktoren erweitern. Im Rahmen der Masterarbeit wurden insgesamt 13 Faktoren getestet, wie beispielsweise die Anzahl und die Popularität der in einem Tweet verwendeten Hashtags sowie die Anzahl der Verlinkungen. Zukünftig könnte beispielsweise der Einfluss von Uhrzeit des Posts oder der Textlänge analysiert werden.

Das entwickelte Tool besteht aus einem Workflow, der die über eine Schnittstelle (API) von Twitter zur Verfügung gestellten Daten zerlegt und speichert, sodass sie später ausgewertet werden können. Wesentliches Ziel der Kooperation mit  dem DAS Institut war es, anhand der gesammelten Twitter-Daten Hypothesen zur Verbreitungsgeschwindigkeit und Beschleunigung aufzustellen, wie zum Beispiel: „Ein Tweet mit einem Hashtag, das in den letzten sieben Tagen mindestens 1.000 Mal benutzt wurde, verbreitet sich schneller und weiter als ein Tweet mit denselben Rahmenbedingungen ohne dieses Hashtag.“ Die erstellten Hypothesen müssen nun in weiteren Forschungsprojekten oder Masterarbeiten überprüft werden, um daraus allgemeingültige Regeln abzuleiten.

Tool bietet Unternehmen datenbasierte Grundlage für Social-Media-Strategie

Unternehmen können den entwickelten Workflow bereits jetzt nutzen, um große Mengen ihrer Social-Media-Nachrichten in verschiedenen Kanälen zu analysieren und zu vergleichen. Sie haben dadurch erstmalig die Möglichkeit, Faktoren zu identifizieren, die die Verbreitung ihrer Social-Media-Nachrichten positiv beeinflussen oder vorab die aktuelle Popularität eines Hashtags überprüfen. Dieses Wissen können sie zukünftig gezielt einsetzen, um ihre eigenen Nachrichten möglichst schnell und weit zu verbreiten.

Darüber hinaus können Unternehmen die aufgestellten Hypothesen zur Verbreitungsgeschwindigkeit und Beschleunigung für ihre eigenen Nachrichten testen, gemeinsam mit Master-Studierenden in weiteren Masterarbeiten valide überprüfen oder eigene Hypothesen aufstellen und prüfen. Unternehmen steht somit erstmalig ein Werkzeug zur Verfügung, um ihre Social-Media-Aktivitäten datenbasiert strategisch auszurichten.

Über diesen Autor

Torben Böing

Torben Böing

Lead Consultant

Torben ist derzeit als Lead Consultant bei der CGI tätig und hat in seiner bisherigen Laufbahn bereits vielfältige Rollen eingenommen. Seine Interessensgebiete erstrecken sich hierbei über Innovation und neue Technologien bis hin zu moderner Kommunikation. Sowohl im Fehlermanagement als auch im Testmanagement konnte er diese ...