Wie verändert Cloud Computing die IT-Organisation in Unternehmen? Ein Blick in die Praxis mit Oliver Harasaki, Practice Head Cloud bei CGI.

Herr Harasaki, welche Bedeutung hat Cloud Computing für die Unternehmens-IT?

Cloud Services werden immer mehr zum integralen Bestandteil der IT. Statistisch gesehen nutzt sie bereits jedes dritte Unternehmen recht intensiv, und laut einer aktuellen IDC-Studie sind weitere 24 Prozent gerade dabei, solche Dienste einzuführen. Was sich Unternehmen davon versprechen, ist mehr Flexibilität und eine schnellere digitale Transformationen ihrer Geschäftsmodelle.

Vor welchem Hintergrund fällt die Entscheidung für die Cloud üblicherweise?

In vielen Unternehmen wird die gewachsene Bestands-IT den aktuellen und kommenden Anforderungen einfach nicht gerecht. Skalierbare Cloud Services sollen die IT-Anfangsinvestitionen in kommende digitale neue Geschäftsmodelle niedrig halten und möglichst auch die Kosten für Bestands-IT verringern.

Stellen sich die anvisierten Vorteile automatisch ein?

Das wäre eine ziemlich unrealistische Erwartung. Beim Mix aus Bestands-IT und Cloud-Diensten, der in hybriden IT-Strategien üblich ist, gibt es viele Stolpersteine. Damit Cloud Services wirklich effizient sein können, muss die IT-Organisation eng verzahnt mit den Fachabteilungen arbeiten. Davon sind die meisten Unternehmen aber noch weit entfernt. Um auf neue Geschäftsanforderungen schnell und flexibel reagieren zu können, ist fast überall ein kompletter Umbau der IT-Organisation nötig.

Welche Rolle wird die IT-Abteilung denn künftig spielen?

Idealerweise wird sie zu einer agilen Einheit, die übergreifend aktiv ist und deren Arbeit voll an den Geschäftsanforderungen der digitalen Transformation ausgerichtet ist. Unserer Erfahrung nach dauert es jedoch eine ganze Weile, bis die eingespielten Prozesse, Rollen und Tools überwunden sind. Tiefgreifende Veränderungen der Kompetenzen und Konzepte kommen nicht von heute auf morgen. Der Wandel der IT-Organisation kann ja nicht einfach angeordnet werden, sondern er kommt über etliche Transitionsprojekte zustande. Damit sind jedoch Risiken verbunden, die vielen Entscheidern heute noch zu hoch sind. Rund 30 Prozent der Unternehmen brauchen schon bei der Integration und dem Management hybrider Clouds externe Unterstützung.

Wie funktioniert die Transition eigentlich im Tagesgeschäft?

Zur Zeit setzen viele Unternehmen auf die „bi-modale“ IT-Organisation. Bei diesem „Modell der zwei Geschwindigkeiten“ trägt ein Team die Verantwortung für die traditionelle IT und ein anderes treibt die Digitalisierung voran. Aus der Beratungserfahrung bei CGI und Logica kann ich allerdings sagen, dass ein solches Vorgehen sehr kostenintensiv ist. Außerdem führt die Trennung zwischen „langsam“ und „schnell“ zu unterschiedlichen Strukturen, Prozessen, Technologien und Arbeitsweisen, und auch bei der Ausbildung und im Know-how gibt es große Unterschiede. Ein Austausch von Ressourcen zwischen den IT-Einheiten ist im Normalfall also kaum möglich.

Kann eine zweigeteilte IT-Organisation überhauptsinnvoll sein?

Kurzfristig durchaus. Der Weg in die Cloud und die Digitalisierungsstrategie hängen ja stark von den individuellen Rahmenbedingungen der Unternehmen ab, von Faktoren wie Datenschutz und Informationsschutz, dem Reifegrad der IT-Organisation oder davon, wie cloudfähig die Bestandsanwendungen sind. Pauschalisieren ist da nicht möglich. Grundsätzlich betrachtet ist es jedoch nie ein guter Plan, seine Bestands-IT gleichzeitig mit allen ihren horizontalen und vertikalen Services zu einem Cloud-Anbieter zu migrieren. Wir raten dazu, anfangs erst einmal nur Infrastrukturdienste (IaaS) zu nutzen, durch die flexible Verfügbarkeit von Rechen- und Speicherleistung einige Kosten zu sparen und schrittweise weiter zu gehen. Die Anpassung der Betriebsprozesse und der Anwendungen an die Cloud-Infrastruktur ist meist aus der vorhandenen Mannschaft heraus möglich, also ist der Aufbau einer bi-modalen IT-Organisation in vielen Fällen erst einmal nicht nötig.

Welche Veränderungen ergeben sich für das IT-Management?

Die Komplexität steigt erheblich, und das sowohl in der Planung, der Entwicklung und im Betrieb. IT ist nun einmal die Basis der digitalen Transformation. Die große Managementaufgabe der nächsten Jahre wird daher der Umbau und Wandel der IT-Organisation sein.